VON HEINZ PLANK
Adorf/Vogtland - der Ort des Wohnens und Arbeitens von Otto Scheuch und des Heranwachsens meiner Person - aus einfachstem proletarischem Elternhaus. Eine Stadt von kleinbürgerlichen Verhaltensweisen, kultureller Ignoranz und chauvinistischen Ansichten über Kunst und Kultur, in ihr wiederum eine Minderheit mit dem Urteilsvermögen der „Leute von Seldwyla".
Mir begegnete Otto Scheuch (O.S.) als Kunsterzieher im zweiten Schuljahr, der sich mit Engagement meiner introvertierten Kindsperson annahm. Er, ein Warmherziger, mit wohlwollendem, väterlichem Beraterimpetus. Mir war wohlig zumute. - Ab dem fünften Schuljahr (1957) wurde die AG Zeichnen und Malen durch O.S. ins Leben gerufen; für mich die Zeit des spielerischen Umgangs mit Farben und den für mich aufregenden Geheimnissen des Malens. Ich entdeckte eine idealistische Seite der Realität, des Träumens und für Momente gelang damit die Flucht aus der harten, quälenden und banalen Wirklichkeit (früher Tod meines Vaters 1955).
Mit Hilfe impressionistischer Fleckmalerei, basierend auf den Grundkenntnissen der Farblehre und den Dogmen derselben über die optischen Farberscheinungen (Ausschluß der Farbe Schwarz), entwickelten sich heitere Welten von Stilleben, vogtländischen Landschaften und Porträts der Region. - Mit dem kulturpolitisch verordneten „Bitterfelder Weg" (ca.1960) entstanden im ganzen Land Zirkel für Laienschaffende (also Erwachsene), derer sich O.S. mit ganzer Energie und Tatkraft annahm. Für mich ein Ort des Zuhauseseins für Stunden in der Arbeitswoche; immer in der Obhut einer wohlmeinenden Begleitunterweisung durch O.S.
Mit der Zeit der Pubertät und durch die Kenntnisnahme des in der DDR verbotenen Buches „Von Corinth bis Klee" von Ludwig Justi begann in mir der Widerspruchsgeist emporzuquellen und Meinungsverschiedenheiten und Dissonanzen erschwerten unser Verhältnis. Überdruß an optischer Schönfärberei stellte sich ein, der unauslöschliche Wille zu einer expressiven Übersteigerung in Form und Farbe, zu Deformation um jeden Preis. Glühende schwere Farben, von schwarzen Konturen zusammengehalten, geometrische Grundformen und die instabile Diagonale wurden zu Ausdrucksmitteln meiner Kompositionen. Ich hatte das Maß der Duldung bei O.S. überschritten, der Ton wurde knapper, strenger, sachlicher - bis „gar nicht". Trotz alledem, ich bekam von O.S. große Unterstützung für meine späteren Hochschulbewerbungen in Dresden, Berlin und Leipzig.
Während des Malereistudiums an der HGB Leipzig (1967-72) bei Tübke und Mattheuer pflegten wir regelmäßigen Gesprächskontakt freundschaftlicher Art. Auf die monatliche Fachsimpelei freuten sich beide Teile. - Durch meine Entwicklung in Richtung Leipziger Schule, die Aufnahme von Elementen des Symbolistischen und Surrealen in meine Arbeiten, die expressive Farbigkeit sowie die Zunahme christlicher Ikonografie entstanden Antihaltungen und schärfere Dispute waren die Folge. O.S. gemahnte mich der Gefährlichkeit meiner Tendenzen in einer sozialistischen Staatsdoktrin, die ich natürlich für den Erhalt meines Kunstwollens zurückwies.
Nach dem Anschluß an „GROSS"-Deutschland nahm O.S. die Ausstellungsmöglichkeit in einer Verkaufsgalerie in Paris wahr; O.S. verwirklichte sich einen Jugendtraum. Er wendete sich von da ab dem dekorativen abstrakten Bild zu, der Massenware, die wir in allen westlichen Museen bis zur Langeweile vorfinden. Mit dieser Hinwendung erstarben unsere produktiven Gespräche, die sich oft über Stunden erstreckt hatten.
Was bleibt, ist meine Dankbarkeit gegenüber einem Menschen, der mit großem Idealismus und engagiertem Tun mich aus der geistigen Enge der Kleinstadt herauszog. Mit großem pädagogischen Gespür hat er den Startpunkt für meine spätere Entwicklung gesetzt, trotz aller Vorbehalte für meine Zielrichtung.
Lieber Otto Scheuch - ich gedenke Deiner in Dankbarkeit!
Heinz Plank Lichtenau, August 2009
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