Otto Scheuch

Eine Stunde

VON KALIN GREGOR

In meiner ersten Privataudienz gab Otto Scheuch eine mir ungewohnte Aufgabe. Er schob mir ein weißes Blatt zu, auf dass er selbst kurz vorher drei Strichgebilde mit Kohle aufgebracht hatte und legte den Kohlestift in meine Hand, mit der Bitte, das Begonnene weiterzuführen.

So lernte ich ihn kennen. Otto Scheuchs Sicht ging über rein Formales hinaus. Seine Aufmerksamkeit richtete sich eher an die Fantasie, nicht an Können. „Fantasie haben heißt nicht nur, irgendeiner Vorstellung nachgehen, sondern …, aus vorhandenen Dingen etwas machen“, so Scheuch.
Viele Jahre Unterricht, oft auch sporadische Konsultationen, nicht selten 2 bis 3 mal die Woche, folgten. Doch, von den ersten Monaten abgesehen, zeichneten wir hierbei nicht, sondern unterhielten uns, diskutierten - über Kunst, unsere Arbeiten, über Bücher und Musik, Aktuelles - manchmal bis in die Nacht hinein.

Otto Scheuch weckte in mir eine tiefe Kunstbeziehung. Er hat sich mir nicht ausschließlich als Lehrer oder Künstler genähert. Bei all unseren Themen strebte er eine künstlerische wie auch humane Gültigkeit im Sinne des Ganzen an. Die Bedeutung seiner Zuwendung wuchs vielschichtig, vom väterlichen Lehrer über den Kollegen zum Freund. Jede einzelne Begegnung mit Otto Scheuch wurde von seiner Teilnahme am Gegenüber getragen. Er ließ nichts unbemerkt vorüberziehen und überraschte nicht selten im Gespräch, gerade bei scheinbar Nebensächlichem mit strahlend großen Augen aufzuhorchen.

Otto Scheuch war Gebender. Meinem Dank begegnete er wiederholt, indem er betonte, er räume mir nur die Steine bisheriger Pädagogik aus dem Weg und „es liegt in meiner Mentalität, sich verantwortlich zu fühlen“.

Kalin Gregor
August 2009


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